Brand Management im Franchising - Teil 3


Ist der Markenaufbau im Franchising ganz anders?

von Prof. Veronika Bellone & Thomas Matla

Gibt es einen Unterschied zwischen dem Markenaufbau und dem Marken Management von klassischen Markenunternehmen und Franchise-Systemen?

 

Ja und Nein. Nein, wenn man die Konsumentensicht betrachtet. Im normalen Leben spielt für viele Verbraucher*innen die Organisationsform des Unternehmens, bei dem sie einkaufen oder Leistungen in Anspruch nehmen, eine nebensächliche Rolle. Sie ist schlichtweg oft nicht bewusst oder bekannt. Wenn das Angebot stimmt, relevant, qualitativ gut und erschwinglich ist, zudem vielleicht mit Bedeutung besetzt ist und eine gewünschte Belohnung verspricht, wird beim Unternehmen eingekauft. Relevant wahrgenommen wird das Unternehmen durch die Marke, nicht in erster Linie durch die Funktion (Filialleiter*in, Pächter*in oder Franchise–Nehmer*in).

 

Nein auch, wenn es um die Grundsatzfragen des Markenaufbaus geht. Das heißt, um die Fragen, wo die Markenführung organisatorisch im Unternehmen verankert ist. Ob es einen konkreten Marken-Verantwortlichen gibt. Ob es konkrete Instrumente oder Werkzeuge der Markenführung gibt. Ob messbare Kontrollinstrumente vorhanden sind und zum Einsatz kommen, bzw. ob Markenführungsleistungen positiv und negativ sanktioniert werden.

 

Ganz klares Ja, wenn es um den Zielmarkt der Marke geht. Denn im Franchising ist dem Endkundenmarkt der Partnermarkt vorgelagert. Um ein Markenkonzept erfolgreich zu multiplizieren, müssen Partner*innen gesucht, geworben, fasziniert und gewonnen werden. Sie müssen informiert, motiviert und geschult werden, denn eine Marke kann nur dann langfristig erfolgreich agieren, wenn alle am Markenbildungsprozess Beteiligten auch Träger*innen der Markenkultur werden. Imageträger*innen und Botschafter*innen, die an den Marken-Touchpoints positive und glaubwürdige Markensignale bewusst und unbewusst aussenden.

 

Das Marken-Management für Franchise-Systeme stellt besondere Herausforderungen

Um diesen wichtigen Unterschied zu klassischen Organisationen zu berücksichtigen, sind besondere Tools und Prozesse einzusetzen, die ein zielgerichtetes Wachstum, bestenfalls ohne Markenkapitalverluste sicherstellen. Das Marken-Management für Franchise-Systeme stellt dabei besondere Herausforderungen an alle Beteiligten. Die erste wichtige Frage, die sich stellt, ist die, wie man Franchise-Partner*innen optimal über die Einzigartigkeit der Marke, die gesamte Markenphilosophie und -kultur sowie die Marken-Positionierung, die Werte und Attribute, verlustfrei informiert und sie gleichzeitig für die Marke gewinnt, sie im Sinne der Marke motiviert. Ferner ist es wichtig ein markenkonformes Verhalten zu verankern und positiv, wie negativ zu sanktionieren. Wir schlagen dafür den Einsatz unseres «13-P-Marketing-Mix» vor, den wir in unserem «Praxisbuch Trendmarketing» detailliert vorstellen [1]. Mit ihm wird eine ganzheitliche Markenführung gewährleistet.

 

Franchise-Partner*innen zählen 

Aus unserer Sicht ist ein prozessuales Herangehen, unter Einsatz von unterstützenden Werkzeugen, sinnvoll und empfehlenswert. Der Markenbildungsprozess für Franchise-Partner*innen umfasst dabei die Informationsvermittlung durch Seminare (online, offline), konkrete Teamarbeit in Workshops, aber auch Schulungen «on the Job» bei etablierten Franchise-Partnern*innen oder in der Franchise-Zentrale. Wie wichtig gerade die Gewinnung der Franchise-Partner*innen für die Marke ist, wird klar, wenn man sich vor Augen führt, was Marken stark macht.

 

Franchise-Manual und Brand Manual - komplementäre Erfolgsparameter

Brands bestehen aus dem aktuellen Eigenbild, dem Wunschbild und dem Fremdbild. Das Eigenbild setzt sich aus der Sicht aller Mitarbeitenden der Franchise-Systemzentrale sowie der Franchise-Partner*innen zusammen. Dieses ist im Verhältnis zu sehen, zu dem Wunschbild der Zukunft, wohin sich die Marke aus Unternehmenssicht bewegen sollte sowie zum Fremdbild, das sich die aktuellen und potenziellen Verwender*innen (und Nicht-Verwender*innen) von der Marke machen. Gibt es hier im Verhältnis der Markenbilder zueinander gravierende Ungereimtheiten, Unstimmigkeiten und Irritationen, zum Beispiel in der Ausdeutung der Akzeptanz, Kompetenz oder Sympathie der Marke, so führt das zu einem geschwächten Markenbild. Stimmen alle drei Markenbilder weitestgehend überein, hat man gute Voraussetzungen ein starkes Markenbild zu etablieren.

 

Wichtiges Toll zum Markenaufbau - das «Brand-Manual»

Zentrales Werkzeug zum Markenaufbau und zur Markenführung ist, analog zum «Franchise-Manual», das «Brand-Manual». Dieses ist praktisch einsatzfähig und nicht zur Ablage im Aktenschrank gedacht. Deshalb ist es als Online-Tool empfehlenswert. Es enthält eindeutige, klare Leitlinien und Leitfäden, Struktur-, Prozess- und Organisationsanweisungen sowie Checklisten für die Markenumsetzung und Markenführung.

 

Wichtig in der Ausarbeitung des Markenbuches ist sein heterogener Einsatz. Von der Franchise-Zentrale, über die Franchise-Partner*innen und deren Mitarbeiter*innen, bis hin zu Dienstleister*innen (Innenarchitektur, Werbung, POS-Material etc.) sollten alle involvierten Personen in der Lage sein, anhand des Handbuchs die Marke zu verstehen und emotional, unbewusst zu «inhalieren» (wie «transpirieren»). Hier kommt es also auf eine einfache und gleichzeitig relevante, substantielle, anschauliche und ansprechende Darstellung an.

 

Brand-Codes für alle Sinne

Neben der Markenpositionierung, mit den Werten und Attributen, der Marken-Philosophie und -Kultur, sind die einzigartigen, differenzierenden Signale und Key Elements sowie Codes für den Umgang mit allen Sinnen enthalten. Das Markenbuch ist ein lebendiges, sich ständig weiter entwickelndes Werkzeug, das vom ersten Markengedanken, bis zur aktuellen Markenbasis, die Markenhistorie enthält. Es dient der Information, Anleitung, Inspiration, Diskussion, Schulung, Motivation und Dokumentation. Es sollte auch ganz konkrete und anschauliche Hinweise enthalten, was markenkonform und was verboten, also «off brands», ist.

 

Für ein nachhaltiges Brand Management gibt es, je nach Anspruch, Unternehmensgröße, Budget und Vertrauen, abweichende Wege eine erfolgreiche Markenführung zu realisieren. Wichtig ist die klare Ausarbeitung von strukturierten Organisationen und Prozessen mit teilweise standardisierten Werkzeugen, begründet auf einer fundierten Marktforschung.

 

Insgesamt ist ein erfolgreiches Brand Management das Ergebnis von Marken-Wissen und -Können, dem unternehmerischen Anspruch zur konsistenten und nachhaltigen Markengestaltung und -umsetzung sowie dem Willen zur Schaffung geeigneter Strukturen und Prozesse sowie zum Einsatz geeigneter Werkzeuge.

 

Quelle:

[1] Literatur: Bellone/Matla: «Praxisbuch Trendmarketing - Innovationskreislauf und Marketing-Mix für KMU», Campus Verlag, Frankfurt/New York, 2017, S. 185-285

 

 

Weiter geht es (in Vorbereitung): «Brand Management im Franchising - Teil 4» 

 

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